„Aus eigener Kraft“ lautete der Slogan meines ersten Flyers als ich mich 2001 selbstständig machte. Denn ich glaubte und glaube fest an das Potential und die Ressourcen in jedem, in jeder Einzelnen von uns. Der Begriff „Selbstwirksamkeit“ war mir damals noch nicht geläufig. Da hat es mich gefreut meinen Claim in der Definition wieder zu finden: „Selbstwirksamkeit bedeutet, die innere Überzeugung zu haben, schwierige oder herausfordernde Situationen gut meistern zu können – und das aus eigener Kraft heraus.“ Fehlt diese innere Überzeugung, dann wird eine Aktivität oder Herausforderung oft gar nicht erst angepackt. Dies war eines der Forschungsergebnisse des kanadisch-amerikanischen Psychologen Albert Bandura in den 70er Jahren. Es braucht also Selbstwirksamkeits-Erwartung und -Überzeugung.

Allgemeine und spezifische Selbstwirksamkeitserwartung

Ich kann mir eine allgemeine Selbstwirksamkeit zurechnen, wenn ich den Glaubenssatz verinnerlicht habe: „Was auch immer passiert, ich werde damit umgehen können.“ Das auch im Angesicht existenzbedrohender Krisen sagen zu können, ist eine bemerkenswerte Fähigkeit.

Da lässt sich eine spezifische Selbstwirksamkeit eher erreichen, nach dem Motto: „In meinem Fachgebiet weiß ich, wo ich hin greifen muss, da kenn ich mich aus.“ Schwierig kann es dann bei neuen Herausforderungen, bei unbekanntem Terrain werden.

Wie also das Feld spezifischer Selbstwirksamkeits-Überzeugungen ausweiten?

Selbstwirksamkeits-Überzeugung aufbauen

Auch wenn es Zwillingsstudien gibt, die einen hohen genetischen Einfluss auf die Selbstwirksamkeitserwartung zeigen, so ist doch gleichermaßen anerkannt, dass die eigene Selbstwirksamkeits-Überzeugung veränderbar ist. Um darauf vertrauen zu können mit eigenen Verhaltensweisen etwas in der von mir gewünschten Richtung zu bewirken, brauche ich gemäß den Forschungen von Albert Bandura die folgenden 4 Fähigkeiten:

1. Eigene Erfolgserlebnisse wahrnehmen

d.h. ich habe direkt die Erfahrung gemacht, dass eine Aktivität meinerseits zum gewünschten Erfolg geführt hat. Diese Erfahrung ist umso stärkender, je mehr ich mich zur Erreichung meines Zieles anstrengen musste. (Achtung Eltern: den Kindern nicht alle Hindernisse aus dem Weg räumen!) Wichtig hierbei ist, sich nicht gleich zu viel vorzunehmen, um frustrierende Misserfolge möglichst gering zu halten. Die Bewältigung herausfordernder Situationen stärkt dann meinen Glauben an meine eigenen Fähigkeiten und an die Möglichkeit in Zukunft Vergleichbares zu schaffen. Neurotransmitter werden ausgeschüttet (z.B. Dopamin) und die Erfahrung wird im Gehirn als vorteilhaft abgespeichert.

Leider glauben viele Menschen, dass ihr Erfolg ausschließlich dem Zufall oder Glück zuzuschreiben ist und das zahlt dann leider nicht auf die Selbstwirksamkeit ein. Auch solche Überzeugungen ließen sich überprüfen. Waren es nur die schlechten Wettbewerber oder habe ich nicht doch im Bewerbungsgespräch mit meiner Kompetenz und meinem Auftreten überzeugt?

2. Sich vom sozialen Netzwerk ermutigen lassen

d.h. ich brauche Mut, um Herausforderungen anzupacken: den, den ich selbst aufbringe und den, der mir von meinem Umfeld zugesprochen wird. Noch immer hängt die Karte meiner Tochter sichtbar an der Pinwand in der Küche: „Ich glaub an dich – du schaffst das!“ geschrieben als ich nach einer Operation im Krankenhaus lag. Hilft übrigens immer noch. Die Wirkung eines unterstützenden Freundeskreises, von Familie und wohlmeinenden Kolleg:innen kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Setzt aber voraus, dass ich ein solches Netzwerk aufgebaut habe und regelmäßig pflege.

Leider sind hier frühe Erfahrungen mit engsten Bezugspersonen oft so tief verwurzelt, dass ich es schon selbst glaube. Aus einem „aus dir wird nie etwas!“ wird dann ein „aus mir wird nie etwas!“ Auch solche Glaubenssätze lassen sich bearbeiten, hier braucht es viel liebevolle Geduld mit sich selbst. Nicht hilfreich sind Menschen meines Umfeldes, die mich zu einer Herausforderung überreden wollen, die „eine Schuhnummer zu groß“ für mich ist.“. Also auf den eigenen Bauch und ein Stimmigkeitsgefühl hören, kleine Schritte machen und nur für mich sinnvolle, handhabbare Ziele ansteuern.

3. Andere Menschen beobachten

d.h. wenn ich mitbekomme, wie ein Kollege die Projektpräsentation trotz großer Nervosität im Vorfeld geschafft hat, dann kann meine Zuversicht steigen, das auch zu können. Kinder lernen in hohem Maße durch Imitieren von Vorbildern (Modell-Lernen). Und da kann neben den Eltern ein immer mal wieder nerviges größeres Geschwister den eigenen Fortschritt sehr beschleunigen: „Wenn die das kann, dann kann ich das auch.“ Wichtig ist hierbei, dass es eine gewisse Ähnlichkeit und Vergleichbarkeit zwischen mir und meinem Vorbild gibt, damit der Effekt greifen kann.

Leider kommt es immer wieder vor, dass Menschen sich Vorbilder suchen, die ihr Gefühl verstärken, so wie diese Person nie werden zu können und sich deshalb gar nicht auf den Weg machen oder schnell wieder aufgeben.

Welche Vorbilder haben Sie?

4. Eigene Körperempfindungen einschätzen

d.h. wenn mir vor einer wichtigen Besprechung das Herz bis zum Hals klopft und ich schweißnasse Hände bekomme sowie das Ganze als Angst und Panik bewerte, wie sieht dann mein innerer Dialog aus? Hoffentlich förderlich und in liebevollem Ton: „Auch wenn ich jetzt sehr gestresst bin, vertraue ich auf mich und mein Können.“

Leider ist hier bei vielen der innere Kritiker am Werk: „Jetzt stell dich doch nicht so an, so eine Mini-Besprechung; du bist wirklich ein Loser.“ Dass das nicht zu einer Selbstwirksamkeits-Überzeugung beiträgt, ist klar. Mit der Prozess- und Embodimentfokussierten Psychologie (Dr. Michael Bohne) gibt es eine wirksame Methode eigene Emotionen wahrzunehmen, diese zu beeinflussen und selbstwertstärkende Glaubenssätze zu verankern.  

Zwischen Hochstaplerphänomen und Selbstüberschätzung

Grundsätzlich sagt eine Selbstwirksamkeits-Überzeugung noch nichts darüber aus, ob jemand die Kompetenz zur Ausführung einer geplanten Handlung tatsächlich hat oder nicht. In meiner Coachingpraxis begegnen mir aber viel mehr Menschen, die unter dem Imposter-Syndrome leiden (der fixen Überzeugung eigentlich nichts zu können, auch wenn sie schon das Gegenteil bewiesen haben), als Selbstüberschätzer,  die Coaching wahrscheinlich eh für überbewertet halten.

Wie schätzen Sie Ihre Selbstwirksamkeit auf einer Skala von 0 – 100% ein?

Eine hohe Prozentzahl wünscht Ihnen
Harriet Kretschmar


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