„Machst du schon wieder Pause?“ rief meine Mutter durch die Tür, wenn ich mich zum Lernen (Ehrenwort!) auf mein Bett legte. So hatte ich lange Zeit den Eindruck, dass Pause etwas ist, was man ab besten vermeidet, weil es einen als Faulenzerin, Passiven; Müßiggänger abstempelt. Jemand, der dem Herrgott die Zeit stiehlt, die ER den Menschen zum Zweck des Arbeitens überlassen hat. Irgendwann im Laufe meines Lebens wurde mir dann klar, dass das so nicht ganz stimmen kann, spätestens als ich folgende Anekdote hörte:

An einem Wochen- und damit Arbeitstag sieht ein Mann einen anderen am Meeresufer sitzen und nichts tun. Er fragt empört: „Wie können Sie Gott nur diesen Tag stehlen?“ Der andere entgegnet verwundert: „Stehlen? Ich schenke ihm einen.“

Wozu also Pause machen?

Eine Anfang diesen Jahres durchgeführte Studien von Microsoft titelt: „Unser Gehirn braucht Pausen“. Zwar geht es hier vor allem, um die Fähigkeit in (virtuellen) Meetings zu fokussieren und durch Kurzpausen die eigene Funktionsfähigkeit zu erhalten Dazu kann man sich noch durch Einstellungen in Outlook daran erinnern zu lassen, aber immerhin. Pausiere also, um deine Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Passt zum mir auch zuhause vermittelten protestantischen Arbeitsethos. Unter diesem Blickwinkel lässt sich auch die sogenannte kreative Pause einordnen, die ja eigentlich angetreten ist, um durch Zeiten des Nichtstun Entwicklung zu fördern, jetzt aber muss wirklich gleich was Tolles dabei herauskommen.

Das Nichtstun

Da möchte ich es doch mit dem deutschen Schriftsteller Anton Schnack halten:

„Muße ist die Kunst wirklich nichts zu tun, wenn man nichts tut“.

Können wir das heute überhaupt noch? Wir sind ja keine reichen Römer, die sich „otium“ (Freizeit) leisten konnten, während die anderen das Gegenteil nämlich „negotium“ (Unternehmen, Geschäft) machen mussten, um sich über Wasser zu halten. Dass es eine große Sehnsucht nach dem Gegenteil von „ständig-auf-Sendung-sein“ gibt, zeigt der Zulauf zu allen Arten von Achtsamkeitskursen. Und ohne das hier weiter ausbreiten zu wollen, bin ich der festen Überzeugung, dass erste Schritte das Nichtstun zu erforschen dort zu lernen wären. Auch wenn mir klar ist, dass der Fokus dabei nicht in erster Linie das Nichtstun ist, sondern aktiv, bewusst und absichtslos im Hier und Jetzt zu verweilen, ist es dennoch eine gute Grundlage für das Erlernen der Fähigkeit Pausen zu machen. Und es geht nicht nur darum still auf einem Kissen zu sitzen, sondern auch sich zu bewegen, wie z.B. bei einer Gehmeditation, Qi Gong oder Yoga.

„break“ oder „pause“?

Neben dem Begriff Muße gibt es im Deutschen noch x weitere Synonyme für Pause, wie z.B. Ruhe, Erholung, Urlaub, Unterbrechung (!) Halt, Stillstand, Rast. Als Prozessberaterin gefällt mir am Englischen, dass „pause“ and „break“ implizieren, dass es da einen Prozess gibt, der entweder unterbrochen oder gestoppt wird. Mit dem breakfast wird am Morgen der Prozess des nächtlichen Fastens beendet. Nach einem „break“ soll der Prozess anders wieder aufgenommen werden, wenn nicht sogar ein neuer begonnen wird. Eine Erholungs- oder Entspannungspause ist immer ein „break“, weil man sich davon zumindest erhofft, dass es danach mit mehr Konzentration weitergehen kann. „pause“ meint hingegen eher ein kurzes Innehalten und dann ein Fortfahren des unterbrochenen Prozesses, wie wenn man auf der Fernbedienung auf die Pausentaste gedrückt hatte und nun erneut auf play geht. Wie also unterbrechen oder anhalten?

Raus aus dem Automatismus

Erst mal ist alles, was uns aus Automatismen raus in bewusstes Handeln holt, von großem Wert. Und dazu braucht es eine Unterbrechung. Nur dann kann ich entscheiden, ob ich so weitermachen will oder eben nicht. Und so eine Unterbrechung braucht ja gar nicht lange zu sein. Schon die den Tag über immer mal wieder gestellte Frage: „Was brauche ich jetzt?“ ist ein solches Pausieren. Und nicht immer folgt auf diesen Stop auch eine tatsächliche Pause. Damit meine ich eine Pause, die den Namen verdient, weil der Fokus auf Nichtstun, Verweilen, mein Umfeld bewusst wahrnehmen, Entspannen, Kräfte sammeln etc. liegt.

Nicht alles was Pause heißt, ist auch eine

Das Synonym, das mir am besten für Pause gefällt ist: Innehalten. Wieviel Innehalten enthält eine normale Mittagspause, womöglich noch mit Arbeitsessen oder das Verzehren eines Schokoladeriegels (Sie wissen wahrscheinlich, woran ich da denke)? Und wie lange kann Innehalten eigentlich andauern? Ein überarbeiteter und gestresster Coachingkunde hatte sich eine Stunde Auszeit jeden Sonntag vorgenommen. Er erzählte dann, dass das Sortieren seiner CD-Sammlung in der Stunde Auszeit jetzt nicht wirklich Erholung gebracht hätte. Das war die Steilvorlage für weitere Arbeit über: was heißt es wirklich eine Pause zu machen?

Fazit

Wir und nicht nur unsere Gehirne brauchen Pausen. Der Wert der Pause, sei sie nun kurz oder lang, entscheidet sich meiner Ansicht nach bei ihrem Beginn. Ist sie die Folge eines Sich-Besinnens auf die gegenwärtige Situation, in der sich ich, meine Mitmenschen und die Umwelt befinden? Also nicht nur ein Automatismus alla: Es ist 12.00 Uhr – Mahlzeit – die Kantine ruft. Und bin ich mir meiner Situation bewusst, dann kann ich auch gezielt Pausen/Auszeiten planen, die mir wirklich guttun. Idealerweise präventiv, nicht erst, wenn mein Körper sich so deutlich macht, dass ich nicht mehr wegschauen kann.

Was haben Sie sich diesbezüglich schon lange vorgenommen, es aber bisher nicht umgesetzt?

Viel Energie und Schwung wünscht Ihnen
Harriet Kretschmar


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